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Stefan Steinmetz
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Mars First - Mit dem One Way Ticket zum Mars(43) Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Liam saß vorm Bildschirm wie erschlagen. Gerade hatte er von Arne Heuermann gehört, dass Laura Sunderland im fünften Monat schwanger gewesen war.
„Mein Gott!“, murmelte er.
Chola! So hatten die Zwillinge gesagt, als Ethan McDuff anfing durchzudrehen. Chola. Ein Ausdruck für böse, schlecht, Angst, unheimlich, gefährlich. Er war gewarnt worden und hatte nicht auf die Warnung gehört. Dabei hatte er mitangesehen, wie der Amerikaner mehr und mehr die Bodenhaftung verlor. Statt ihn zu beruhigen hatte er ihn zusammengestaucht und ihm gesagt, dass eine Rückkehr zur Erde unmöglich sei.
Ich bin schuld an dem, was passiert ist, dachte er. Wie soll ich das nur Dottie sagen? Was wird sie von mir denken, wenn sie es erfährt? Was habe ich getan?!
Liam Bishop hätte alles getan, um die Zeit zurück zu drehen, doch er wusste, dass dies nicht möglich war. Er konnte seinen Fehler nicht ungeschehen machen. Er würde mit seiner Schuld leben müssen. Wenn er Pech hatte, würde Dottie ihn verlassen. Liam Bishop hatte Angst davor, nach Hause zu fahren. Er tat es trotzdem.
Vorher sandte er noch eine private Videobotschaft zum Mars, während die anderen Techniker die verstümmelten Aufnahmen des „Unfalls“ zu den TV-Sendern schickten.
Mit gesenktem Kopf schlich Liam aus dem Raum. Die Einschaltquoten würden durch die Decke gehen. Er hatte keine Freude an dem Gedanken.

Arne und Antje saßen an der Werkbank in Habitat 3. Sie hatten die Kameras deaktiviert. Antje hatte den Stein in der Hand, den Laura von draußen mitgebracht hatte. Sie zeigte ihn Arne: „Sieh nur!“
Er schaute den roten Brocken von allen Seiten an. Auf einer Seite entdeckte er etwas: „Wow! Das sieht aus wie ...“ Er schaute Antje an: „Könnte das ein versteinerter Bakterienrasen sein oder etwas ähnliches?“
Antje nickte. „Kolonien von primitiven Cyanobakterien sehen so aus.“
„Also hat Laura zum guten Schluss doch noch ihre Lebensspuren auf dem Mars entdeckt“, sagte Arne. Er schaute düster ins Leere. „Nur dass sie nichts mehr davon hatte. Schrecklich!“
Antje untersuchte den Stein mit dem Mikroskop. „Falscher Alarm“, sagte sie. „Das ist was Mineralisches. Etwas wie eine Sandrose in klein. Es sind Kristalle, keine Abdrücke von Bakterien.“
„Bist du sicher?“
„Absolut!“
„Verdammt!“, sagte Arne. „Dieses Brockens wegen ist sie im Marsanzug durch die Dragon-Reihe zu ihrer Wohnung gestürmt. Sie hatte nicht die Geduld, den Anzug auszuziehen und an die Versorgung anzuschließen. Erst im Habitat hat sie ihn abgestreift, um besser arbeiten zu können. Ethan dachte, sie trägt ihn noch. Hätte sie den Anzug vorher ausgezogen, hätte er kein Loch in die Living-Unit geschlagen; jedenfalls kann ich mir das nicht vorstellen. Er wollte Laura nicht umbringen. Er hat sie geliebt. Auf seine Weise.“
Arne legte den Brocken auf die Werkbank. „Wir legen den Stein auf ihr Grab. Lass uns gehen. Es wird Zeit fürs Abendessen.“
Sie waren bei den Vorbereitungen zu, Abendessen, als eine neue private Botschaft von Liam Bishop eintraf.
„Ich habe etwas vergessen. Es geht um Lindy-Flindy. Ich habe Bedenken, dass sie dicht halten kann. Sie hat schließlich den Verstand eines kleinen Kindes.“ Liam schaute sie vom Bildschirm aus an: „Kann man ihre Erinnerung partiell löschen? Wenn ja, solltet ihr das tun. Löscht alles bis fünf Minuten vor Ethans Amoklauf und erzählt ihr dann das mit dem Unfall. Ich halte das für sicherer.“
Antje blickte in die kleine Kamera über dem Bildschirm: „Ich kriege das hin. Morgen mache ich es. Heute nicht mehr. Ich kann heute nicht. Ich bin zu fertig. Das verstehen Sie sicher. Ich tue es gleich morgen früh.“

Liam war fast zu Hause, als Matthew Parker ihn über sein Mobiltelefon anrief.
„Antje van Dijk hat zugesagt, dass sie Lindy-Flindys Erinnerungen an den Amoklauf löschen wird.“
„Gut“, sagte Liam. „Das ist gut. Danke für den Anruf, Matt.“
Er bog von der Straße ab und lenkte den Wagen auf ihr Grundstück.
Liam fand seine Frau im Wohnzimmer. Er hörte die Zwillinge draußen hinterm Haus toben. Gut so.
Dorothy schaute ihn aus großen Augen an: „Ly! Wie siehst du aus? Was ist geschehen?“
Er ließ sich auf die Couch fallen: „Etwas Schreckliches ist vorgefallen.“ Er holte tief Luft: „Wenn ich es dir erzählt habe, willst du vielleicht nichts mehr von mir wissen.“
Langsam, stockend begann er zu berichten, was auf dem Mars passiert war. Dorothy hörte schweigend zu. Sie unterbrach ihn nicht ein einziges Mal.
Als er zu Ende erzählt hatte, kam er sich vor wie ein Läufer nach einem Marathonlauf; erschöpft und ausgelaugt. Er wartete auf ihre Reaktion.
Sie sagte lange Zeit kein Wort. Schaute ihn nur stumm an. Liam saß wie auf glühenden Kohlen.
„Es war meine Schuld“, sagte er schließlich.
Sie zog die Brauen in die Höhe: „Deine Schuld?“
„Ich hätte McDuff nicht zusammenstauchen dürfen. Als ich ihm nachdrücklich klarmachte, dass es keine Rückkehrmission geben würde, hat er durchgedreht. Das war der Auslöser.“
„Nein, Ly. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte; nicht mehr und nicht weniger. Du trägst keine Schuld an dem Vorfall.“
Liam hatte das Gefühl, als ob eine zentnerschwere Last von ihm genommen wurde. „Ist das dein Ernst?“
Dottie nickte. Sie sah ihn an, wie sie ihn schon als junges Mädchen angeschaut hatte, mit diesem tiefgehenden, unerklärlichen Blick, der ihm durch und durch ging. „Du wolltest Ethan nicht dabeihaben. Du hast von Anfang an gesagt, dass er ein Störfaktor werden würde. Er passte nicht in die erste Crew. In seiner eigenen Crew war er eingepasst. Dort war er das Alphamännchen und alle kamen gut mit ihm aus. Sie akzeptierten seine Führungsrolle. Er konnte seine ganze Energie für die Crew 2 einsetzen.
In Crew 1 lief viel von dieser Energie ins Leere. Er wurde zu einem herrschsüchtigen Antreiber. Das machte die Leute bockig. Das hast du immer wieder gesagt. Es war so.
Nicht du bist schuld, Ly. Das System hinter Mars First ist schuld. Hauptproblem ist die Macht der Zuschauer. Sie votieren für einen Marsnauten und der kommt nach vorne. Auf den ersten Blick scheint das gut. Aber die Leute vor ihren Fernsehgeräten wählen denjenigen, der ihnen am besten gefällt, einen Typen der im wahrsten Sinne des Wortes zu gefallen weiß. Die fragen nicht danach, ob ihre Auswahl gut in ein Team passt. Sie wählen eine Frau, weil sie gut aussieht und beliebt ist. Sie suchen einen Mann, der ein prima Kumpeltyp ist und seine Mannschaft mitreißt. Sie fragen nicht danach, ob er gut in eine Crew zu integrieren ist.
Das ist das Problem bei Mars First. Eure Psychologen hätten die Auswahl treffen müssen, nicht das Publikum. Dann wäre Ethan McDuff nie im Leben in Crew 1 gelandet. Ich bin sicher, dass William O’Sullivan und Samuel Baker ihn nicht ausgewählt hätten.“
„Nein“, sagte Liam. „Die beiden Psychologen waren – genau wie ich – dagegen. Ihre Helfer ebenso.“
Dottie sah ihn eindringlich an: „Da liegt das Problem, Ly! Ihr müsst die Regeln ändern, notfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Im Geheimen. Lasst die Zuschauer ruhig glauben, dass sie es sind, die die Leute auswählen. Lasst sie ihre Stimme geben, wem sie wollen. Macht einen öffentlichen Wettkampf daraus wie vorher auch. Die Menschen lieben so etwas. Aber wenn es nötig ist, dann müsst ihr die Zahlen manipulieren. Nicht viel, nur ein kleines bisschen. Es kommt ja nicht jeden Tag ein Kandidat, der absolut nicht in ein Team hineinpasst. Das mit Ethan war eine Ausnahme.
Wenn es aber passiert, dann müsst ihr hintenrum agieren und dafür sorgen, dass so einer knapp verliert. Ihr könnt das. Es klingt unfair, aber es geht in dieser Angelegenheit nicht um Demokratie und Mitbestimmung. Es geht um Menschen, Ly! Diese Menschen müssen sich aufeinander verlassen können und zusammenpassen. Das müssen Fachleute entscheiden, nicht das Fernsehpublikum.“
Liam lehnte sich zurück. Er starrte die Zimmerdecke an. Manipulation! Datenfälschung! Das klang nicht gut. Wenn es aber niemand erfuhr? Wenn sie nur ein kleines bisschen an der Schraube drehten? Nur im Notfall? Einen zweiten Ethan McDuff würde es kaum mehr geben. Wenn aber einer auftauchte, konnten sie ihn daran hindern, in der falschen Crew zu landen.
Das war nicht unfair. Es war fair seinen Kollegen gegenüber. Darauf kam es an. Man musste die Teams vor Fehlbesetzungen schützen.
Er nickte. „Du hast recht, Dottie.“
Sie kam zu ihm und lehnte sich an ihn. Sie fuhr ihm mit der Hand über die Brust. Das tat sie immer, wenn sie ihn beruhigen wollte. Diese Geste tat stets ihre Wirkung. Liam entspannte sich.
„Du hast einen Fehler gemacht“, sagte sie. „Als du Ethan in Sachen Rückkehr zur Erde kalt abserviert hast, hast du Feuer an die Zündschnur gelegt. Aber die Dynamitstangen waren längst da, bereit gezündet zu werden. Ethan McDuff hat sich im Laufe der Monate zu Sprengstoff entwickelt. Das ist nicht deine Schuld, Ly. Daran hat das Auswahlverfahren schuld. Ihr müsst es ändern. Berufe eine geheime Konferenz ein! Nur den inneren Zirkel. Baker, O’Sullivan und ihre Kollegen und ein paar von den wichtigen Technikern. Und Matt natürlich.
Lass sie eine Geheimhaltungsklausel unterschreiben und dann weihe sie ein. Es ist nur für den Fall, dass noch einmal jemand auftaucht, der absolut nicht in ein Team passt. Es soll ja kein Normalzustand werden. Ihr werdet das Auswahlverfahren nur im äußersten Notfall manipulieren. Nur dann, Ly!“
Sie fuhr weiter mit den Fingern über seine Brust: „Was ist mit diesem Robotermädchen? Mit Lindy-Flindy? Sie ist gewissermaßen ein kleines Kind. Sie hat alles gespeichert. Kann sie sich verplappern?“
„Ich habe Antje van Dijk gebeten, Lindy-Flindys Erinnerungen an den Vorfall zu löschen. Sie hat zugesagt, es zu machen.“
„Gut. Dann sorge dafür, dass der innere Kreis von dem Notfallprogramm erfährt.“
Er legte den Arm um sie und zog sie zu sich heran. „Ja, Dottie. Das werde ich tun.“ Er drückte sie an sich. „Danke, Dottie.“ Er holte tief Luft. „Ich hatte Angst, dass du mich in die Wüste jagen würdest.“
„Sei nicht dumm“, sagte sie. „Wir gehören zusammen. Wir sind füreinander da. Auch wenn einer von uns mal Mist gebaut hat. Dann erst recht.“
Liam spürte Tränen aufsteigen. Er drückte sie ganz fest. „Ich liebe dich, Dottie. Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt. Ich liebe dich!“
Gleich morgen, nahm er sich vor, werden wir diesen Notfall-Eingriff ins Auswahlverfahren besprechen. Gleich morgen! Etwas wie die Wahl von Ethan McDuff darf nicht noch einmal geschehen. Eine Katastrophe reicht. Zukünftige Katastrophen müssen wir verhindern.

19.03.2017 12:07 Stefan Steinmetz ist offline Email an Stefan Steinmetz senden Beiträge von Stefan Steinmetz suchen Nehmen Sie Stefan Steinmetz in Ihre Freundesliste auf
 
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